“…es gibt niemand, der pubertäre Alltags-Dramen, völlig irrwitziges Fanverhalten und die Stuttgarter Landschaft der 80er derart unterhaltsam auf den Punkt bringt!”

http://nic4u.wordpress.com/2014/02/08/autoreverse-einmal-80erle-und-zuruck/

Ja, ich bin spät dran, das Buch ist schon eine Weile auf dem Markt, aber eine kleine Anmerkung vorweg: wer nicht in den 80ern pubertiert hat und Stuttgart nur vom Hören-Sagen kennt, wem “Dirty Deeds Done Dirt Cheap” nix sagt, wer nie nach Konzept geraucht und sich niemals nicht die Wade an einem Zündapp-Auspuff verbrannt hat, taucht mit Kai Thomas Geigers Roman “autoreverse” in einen völlig fremden Kosmos ein, in Empfindungen die sich – dazu noch ein paar Jahrzehnte später – nur schwer erschließen lassen!

autoreverse

Wer also den Bio-LK wach erlebt, Cowboy-Stiefel ohne Hufeisen getragen, nie den Duft der wahrhaftig und echten Rock’n’Roll-vor-während-und-nach-der-Pubertät-Rebellion gerochen hat und wer Sätze wie den hier nicht mag, der könnte sich ein bisschen schwer tun mit einem Roman, in dem die Urknalltheorie an jeder Ecke lauert, in dem es oberflächlich aber doch um nix anderes geht, als um Smalltown-Boys with Big City-Attitudes. So gesehen kennt die Geschichte doch wieder jeder, der ein paar Jahre lang gegen Pickel, Eltern und neue Gefühle kämpfte.

Klar, irgendwann schoben Gaby und ich auf dem Weg zur Rockfabrik und zum Rockpalast auch Cassetten von den Australiern ins Autoradio, noch lieber aber von Aerosmith, Guns’n’Roses, Queensryche, Bon Jovi oder Alice Cooper, machten mindestens drei Nächte pro Woche zum Tag und hingen mit den ganz großen Rockstars ab – okay, die meisten kamen übers Schülerband-Niveau nur knapp raus, einige legten ganz passable CDs vor, schleppten alles ab, was einen Puls hat und träumen bis zum Lebensende von der ganz großen Rock-Karriere. Ein paar ganz ganz wenige standen oder stehen tatsächlich noch heute mit Gitarren und Mikro vor großem Publikum – ich glaube *hust* der Autor gehörte da lange dazu.

Deshalb weiß er natürlich genau, was für eine Geschichte er da erfunden hat. Ich vermute, der Rechercheaufwand hielt sich in ziemlich engen Grenzen. Doch eins muss man Kai Thomas Geiger lassen: es gibt niemand, der pubertäre Alltags-Dramen, völlig irrwitziges Fanverhalten und die Stuttgarter Landschaft der 80er derart unterhaltsam auf den Punkt bringt!

Auf die ganz große Katastrophe wartet der geneigte Leser genau so vergeblich wie auf die große Liebe oder das Ende der AC/DC-Manie. Das Buch hält, was der Klappentext verspricht: willkommen zum Roadtrip zwischen “Jugendhaus Stuttgart-Möhringen und Südfrankreich, zwischen Tanzschule Dieterle und Rockfabrik Ludwigsburg, zwischen Bier und Cola, Schwarzer Krauser mit Haschisch und Mädchen mit Busen”. Aber lustig! Und manchmal auch philosophisch. Aber nicht zu arg, denn Protagonist Marc ist ja ein Teenie, der grade erst die Welt entdeckt. Mit seinen Freunden Jones, Basti und dem Popper Fred. Gemeinsam sind sie der erste AC/DC-Fanclub Stuttgart. Zumindest behaupten sie das.

Aufgeteilt in A- und B-Side erzählt Kai Thomas Geiger auf wirklich unvergleichliche Art von Freundschaften, die deutlich vor Facebook statt fanden, von Stuttgarter Musikhäusern, die schon lange geschlossen und nur noch Legenden in diversen Stuttgart-Alben sind, kurzum: “von einer Reise durch das Leben Leben, bis die Liebe und der Tod, der Ernst des Lebens und das Erwachsenwerdenmüssens, die Angst vor der Berufsjugendlichkeit und dem Kolbenfresser alles verändert”. Und spätestens da, hat jeder Leser die Chance, sich zumindest stückweise wieder zu erkennen!

Einer von Kessel.TV beschreibt es so: “Autoreverse” wird das warmherzigste Rockbuch sein, dass sie in den nächsten Monaten lesen werden. Eine herzergreifend schöne und wahnsinnig witzige Geschichte über eine Jungsclique in den 80er-Jahren. Genauer: in Möhringen…im Prinzip handelt dieses Buch von Freundschaft und von der ersten Midlife-Crisis im Leben: dem Heranwachsen. Das ist heutzutage so mühselig und wichtig wie damals.”

Ich find, autorevers ist als Buch irgendwie absolut. Obwohl inhaltlich subjektiv. Vielleicht eher ein Jungsbuch und deshalb auch für Mädels nicht uninteressant, ein Buch, das man eigentlich nicht beschreiben, sondern einfach lesen sollte – oder weglegen. Ich behaupte: dazwischen gibts so wenig Spielraum, wie bei Marcs Notlüge, die ihn zum ersten AC/DC-Konzert bringt.

Jetzt ist aber auch echt alles gesagt. Und wers beim Lesen anders empfindet, darf mir gern schreiben!!

Kai Thomas Geiger “autoreverse”, 256 Seiten, Klappenbroschur, 14 Euro 95,Theiss Verlag

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